Sie macht noch immer Lust, die Geschichte vor Ort!

Auch in diesen bewegten Corona-Zeiten konnte der sogenannte Quellenkompass für die Schüler/-innen der 6. Klassen des Gymnasiums Ochtrup durchgeführt werden. Auf dem Programm stand in der Woche vom 25.08.-28.08.2020 der Besuch des Ochtruper Stadtarchivs in der Villa Winkel, natürlich unter Berücksichtigung der geltenden Hygiene- und Abstandsregeln. Die Stadtarchivarin Karin Schlesiger und ihre Mitarbeiterin Anna Franger, für deren Engagement an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich gedankt sein soll, begrüßten die Junghistoriker/-innen im Erdgeschoss der ehemaligen Fabrikantenvilla und weckten zunächst einmal das Interesse für diesen geschichtsträchtigen Ort. Danach warteten insgesamt sechs mit Liebe zum Detail und durchdacht gestaltete Stationen auf die in festen Gruppen eingeteilte Schülerschaft, um ihnen einen Einblick in die Geschichte als wissenschaftliche Disziplin zu vermitteln. Als erste Amtshandlung gehörte dazu das Anlegen von Baumwollhandschuhen, um die zur Verfügung gestellten Archivalien auch anfassen zu dürfen.

An den verschiedenen Stationen bekamen die Schüler/-innen nun Gelegenheit, diverse Quellenarten kennenzulernen und sich kleinen Recherche-Aufgaben zu stellen: Dazu gehörten u. a. eine Urkunde über einen Grundstücksverkauf innerhalb der Ochtruper Bürgerschaft aus dem Jahr 1610, ein Klassenbuch anno 1899 inklusive eines Strafverzeichnisses der katholischen Volksschule Welbergen, das für einzelne Unterrichtsfächer Strafmaßnahmen bei Verfehlungen notiert, ein Lexikon aus dem Jahr 1727 oder auch die archivierten Tageszeitungen aus dem Geburtsjahr der Sechsklässler/-innen. Zwecks Entzifferung der alten Fraktur- und Kurrentschrift stand diesen eine Übersetzungsliste der einzelnen Buchstaben in die heutige Schrift zur Verfügung, die die Archivarin bereits im Vorfeld erstellt hatte. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich dabei die Stationen, an denen die zuvor erworbenen Kenntnisse in die Praxis umgesetzt werden konnten: So konnten die Schüler*innen vorgefertigte Urkunden mithilfe von Wachs und Siegel selbst gestalten, mithilfe von Tinte und Federhalter die altdeutsche Sütterlinschrift selbst üben oder sich an einer Mercedes-Schreibmaschine von 1925 ausprobieren, wobei vor allem der Anschlag von den Proband/-innen als schwergängig empfunden wurde – was angesichts moderner Kommunikationstechnik nur allzu verständlich erscheint. Ebenso regen Zulauf erhielt die Station, an der ein fast hundert Jahre altes Klassenfoto nachgestellt werden sollte und eine alte Schulbank („das ist aber eng hier“), eine alte Schultafel sowie alte Schulbücher zur Requisite benutzt werden durften. Eine Feedbackrunde im Standesamt rundete den Besuch des Stadtarchivs ab und offenbarte die einhellige Meinung der Schüler/-innen, dass der Tag im Archiv „cool“ gewesen sei: ein eindeutiges Statement dafür, dieses auch weiterhin als Ort außerschulischen Lernens mit Schulklassen aufzusuchen!

Text: Gudrun Bombosch

Fotos: Karin Schlesinger